Bernhard ist schon 15 Jahre mit Rita zusammen. Er liebt sie. Für ihn gehört Sex zur Beziehung dazu. Denn dann fühlt er sich ihr verbunden. Und so drückt er seine Liebe aus. Manchmal ist es auch nur das Bedürfnis nach Sex, das ihn zu seiner Frau führt. Doch mit den Jahren ist es weniger geworden. Seit 3 Jahren so gut wie gar nicht mehr existent. Das Liebesleben. Körperlichkeit ist selten. Kaum kuscheln, kaum Küsse. So richtig leidenschaftlich war es auch schon ewig nicht mehr.
Bernhard hat sich belesen. Versucht, seine Frau zu verstehen. Spricht mit ihr. Fragt sie, was sie will. Sagt ihr, dass es ihm wichtig ist. In seiner Ratlosigkeit kauft er sogar einen wirklich tollen Vibrator.
Ein “Wunderteil”, das alle Frauen zum Kommen bringt. Doch Rita hatte ihn nur unfreundlich angegrunzt und das Teil nie angefasst.
Er weiß nicht ein, er weiß nicht aus. Natürlich spukt ihm auch immer wieder der Gedanke an Trennung durch den Kopf. Doch eigentlich will er bleiben. “Das kann ich ihr nicht antun” und “ich schätze sie wirklich”, sind die Gedanken, die gegen die Trennung sprechen. Deshalb beschließt er, sich damit abzufinden, dass er keinen Sex mehr mit seiner Frau haben wird.
Beziehung ohne Sex akzeptieren
Szenen wie diese kenne ich viele. Dabei gibt es viele Bernhards und Bernhards, die eigentlich auch Gerda, Mareike oder Sonja heißen können. Sie haben wirklich vieles versucht. Und sie reden sich den Mund fusselig, versuchen dem/der Partner/in alles zu ermöglichen, mit der Hoffnung:
“Irgendwann mach ich etwas richtig und dann wird er/sie sich öffnen.”
Häufig zweifelt der Part, der sich nach sexueller Intimität sehnt, an sich. Fragt sich, ob er falsch ist oder ob es wirklich sein kann, dass der andere einen nicht versteht. Meist steht sogar die Vermutung im Raum, dass der andere einen nicht wirklich liebt.
Das fühlt sich richtig deprimierend an. Denn die eigene Liebe und die Hoffnung, auch geliebt zu werden, werden mit jeder Zurückweisung immer wieder enttäuscht.
Nachdem Bernhard (und alle, die in seiner Position sind) nun alles gemacht hat, was er konnte und was ihm einfiel, kommt er zum Schluss, sich nicht zu trennen und zu akzeptieren, dass die Situation ist wie sie ist: Sexlos.
Was ist also gut daran, wenn die Akzeptanz der Sexlosigkeit gelingt? Wie gelingt es leichter? Und was ist, wenn es nicht gelingt?
Erleichterung, Befreiung und Genuss des Moments
Der Entschluss zur Akzeptanz kann ein wahrer Segen sein. Denn du vergeudest deine Zeit nicht mehr damit, dich zu verrenken, um den Partner zu bewegen. All die “Wieso will er/sie nicht?”, “kann es sein, dass es an mir/Männer/Frauen/Temperatur/Hormonen” und ähnlichen Hypothesen können getrost abgestellt werden. Damit wirfst du diesen unnützen Ballast aus deinem Arbeitsspeicher und der wird dann frei für andere Dinge.
Du kannst dich wieder an allem freuen, was ihr gemeinsam macht. Brauchst nicht mehr darauf zu spechten, dass doch noch etwas geht. Das erspart dir viel Enttäuschung.
Und es befreit dich von der Verantwortung und dem Druck, doch etwas “richtig” machen zu müssen. Denn bei aller Ehre: Wenn dein Gegenpart weder spricht, noch andere Signale für ein Yay or Ney schickt, hast du nie die Chance etwas richtig zu machen. Und die Gründe, weshalb dein Gegenüber nicht will, hast du meist eh nicht herausgefunden. Deshalb brauchst du keine kluge Agenda mehr aufzustellen.
Tatsächlich kann das sehr zufrieden machen.
So gelingt das Akzeptieren besser
Bis du zu dieser Entscheidung kamst, das sexlose oder unkreative Sexleben zu akzeptieren, hast du sicherlich lange gebraucht. Und dann fällt es auch nicht so leicht, deine Bemühungen aus vollem Herzen einzustellen. Denn in Wahrheit gehört Sex für dich dazu. In Wahrheit magst du Sex. In Wahrheit tut er dir gut.
Deshalb fällt es vielen Bernhards schwer, ihre Bemühungen einzustellen, wenn dann nichts mehr auf sie wartet. Das kann ich nur zu gut verstehen.
Aus diesem Grund ein paar Ansätze, die eine Akzeptanz erleichtern können:
1. Aufhören zu hoffen
Oft liest man, dass der andere wieder kommt, wenn man keine Erwartung mehr hat. Jap. Das kann passieren. In der Realität entspannt sich der andere dann meist nur und ist froh, dass der stoische Non-Respond zum Ziel geführt hat. Deshalb sollte die klar sein, dass der Sex mit deinem Gegenüber mit hoher Wahrscheinlichkeit wirklich nicht mehr stattfindet.
2. Sich um sich Kümmern
Das ist prinzipiell keine Veränderung zu vorher. Doch oft haben wir das Gefühl, Situationen mehr im Griff zu haben, wenn wir aktiv sind. Stellst du die Aktivität ein, kann es passieren, dass du in ein Loch fällst, weil das Beschäftigt sein, quasi der Rahmen war, der dir geholfen hat, diese Lücke der Sexlosigkeit nicht zu spüren.
Deshalb ist es wichtig, dass du dir in diesem Zusammenhang erlaubst, dir Zeit für dich zu nehmen: tu dir etwas Gutes. Die Zeit, die du für Lösungen verwendet hast, wird frei. Was wolltest du schon immer tun? Willst du vielleicht deine Selbstbefriedigung verändern, wenn du jetzt eh schon weißt, dass es nicht mehr leidenschaftlich zwischen euch wird? Dann nutze die Kreativität für dich!
3. Das Sex- vom Liebesleben Entkoppeln
Wenn du dir sicher bist, dass dein/e Partner/in dein/e Partner/in bleiben soll, weil du sie/ihn liebst, dir Sex jedoch wichtig ist, dann ist es vielleicht Zeit für einen unkonventionellen Schritt. Entkopple dein Sex- von deinem Liebesleben.
Zumindest, soweit es für dich geht. Denn dafür ist nicht jeder Mensch gemacht.
Damit ist gemeint, dass du dich sexuell weiterentwickeln kannst ohne schlechtes Gewissen: Nimm dir Zeit für Selbstbefriedigung. Lerne dazu! Denn wer sagt, dass du auf schöne sexuelle Gefühle verzichten musst, weil es dein/e Partner/in will?
Für manche Menschen ist das nicht der Weisheit letzter Schluss. Weshalb auch hier eine meiner Philosophien greift: “Nur weil dein Partner keinen Sex will, heißt das noch lange nicht, dass du darauf verzichten musst.”
Es wurden schon viele Ehen gerettet, indem sich eine/r eine/n Spielgefährten/in gesucht hat. Früher hieß das Modell Ehe und Sekretärin/Gärtner. Heutzutage fremdgehen oder - wenn es mit dem/der Partner/in abgesprochen ist - offene Ehe/Beziehung.
Was ist, wenn das Akzeptieren nicht gelingt?
Mit den besprochenen Punkten bekommst du es wahrscheinlich besser hin, die Sexlosigkeit zwischen euch zu akzeptieren. Wie das im Einzelnen bei dir aussehen kann, kannst du gerne mit mir besprechen.
Wenn es dir gelingt, die Sexlosigkeit zu akzeptieren, wirst du dich auch auf Dauer wahrscheinlich glücklicher, befreiter und entspannter fühlen.
Anzeichen, dass es nicht gelingt:
- Du fühlst dich zunehmend trauriger.
- Die Anwesenheit deiner/s Partner/ins ist immer öfter begleitet durch negative Gefühle.
- Gedanken über Trennung bleiben bestehen oder werden größer.
- Du wirst antriebsloser.
- Freude kommt nicht mehr wirklich auf.
- Du vermeidest Körperkontakt zu deiner/m Partner/in.
- Der Umgangston wird rauer.
- Du sprichst immer weniger mit deinem/r Partner/in.
- Du ziehst dich immer mehr zurück.
Ich kann den Willen zur Akzeptanz vollkommen verstehen. Und es kann auch gelingen. Doch wenn du dich nicht glücklicher fühlst damit, dann brauchst du eine andere Strategie für deine Situation. Darüber können wir gerne im Coaching sprechen.