Erotische Fantasien – ein Spiegel unserer Erfahrungen

Erotische Fantasien
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Über erotische Fantasien machen sich die wenigsten Menschen gezielt Gedanken. Meistens nutzt man sie, um sich selbst auf Touren zu bringen. Ganz egal, ob das nun bei der Selbstbefriedigung ist oder um sich beim Sex mit dem Partner über die Orgasmusschwelle zu kicken. Manchmal mutet es so an, als wären erotische Fantasien lediglich ein Werkzeug, um sich Sex und alles, was damit zu tun hat, spannender zu machen.

Wenige teilen ihre erotischen Fantasien

Wäre das so, würden wir unsere Fantasien mit viel mehr Menschen unter Klarnamen teilen. Schaut man also genauer hin, sieht man etwas ganz anderes: Tatsächlich teilen sehr wenige Menschen ihre erotischen Fantasien ganz selbstverständlich und detailliert. Weder mit dem Partner noch mit anderen Menschen. Auf einer ganz tiefen Ebene unseres Selbst merken wir: „Das ist zu privat.“

Scham erklärt die Zurückhaltung nicht allein

Im Rahmen meiner Coachings geht es oft auch um die Frage, wieso man sich nicht traut, mit dem eigenen Partner über die eigenen erotischen Fantasien zu sprechen. Neulich kam ich mit Svenja auf dieses Thema und sie meinte: „Ich schäme mich, darüber zu sprechen.“ Das ist der häufigste Satz, den ich zu hören bekomme. Als ich jedoch nachfragte, wofür sie glaubte, sich schämen zu müssen, kamen wir über ein paar Schlaufen auf einen völlig anderen Punkt: Sie hatte Angst davor, so viel von sich preis zugeben.

Die erotische Fantasie ist intimer, als man glaubt

Svenjas Angst war durchaus berechtigt, denn erotische Fantasien sind intimer, als man glauben mag. Viele Menschen haben das Gefühl, sich für ihre Fantasien schämen zu müssen, weil ihre Fantasien oft gegen ihr eigenes Wertesystem verstoßen oder sie darüber fantasieren, was sie niemals in der Realität erleben wollen würden. Sie verstehen nicht genau, wieso es sie anmacht, animalisch oder gar gewaltvoll genommen zu werden. Sie wissen nicht, wieso sie davon fantasieren, wieso sie mit „verbotenen“ Partnern Sex haben wollen. Oder sie wissen nicht, wieso diese eine immer wiederkehrende Sexfantasie so machtvoll für sie ist. 

Es geht um die erotischen Fantasien, die uns im Innersten berühren

Doch was hält uns eigentlich zurück, sexuelle Fantasien ganz entspannt zu teilen? Dabei geht es mir nicht um die Sexfantasien, die wir ausprobieren wollen und uns „nur“ ein Herz fassen müssen, um unseren Partnern zu erklären, was wir wollen. Sondern um die, die uns in unserem Innersten berühren. Die uns unendlich heiß werden lassen.

Hinter den wirkungsvollsten erotischen Fantasien stecken oft tiefgreifende Erfahrungen

Häufig ist es ein Bauchgefühl, das uns davor schützen will, unser Innerstes nach Außen zu kehren. Denn hinter den erotischen Fantasien, die uns am meisten berühren und die uns zuverlässig in Lust versetzen, stecken Erfahrungen und Erlebnisse aus unserem Leben. Meistens sind das Erfahrungen, die uns in ihrer Wurzel in unserem Selbstwert verletzt haben. Doch das menschliche Gehirn ist genial. Es formt aus diesen verletzenden Erfahrungen Lösungen, die uns ermöglichen, erotische Gefühle zu entwickeln. Aus Schmerz wird Lust.

Unser Gehirn „repariert“ unser verletztes Selbstwertgefühl

Das klingt sehr nach einem BDSM Mantra. Das hat damit jedoch in erster Linie nicht unbedingt etwas zu tun. Unser Gehirn versucht nur, ein unangenehmes Gefühl aufzulösen und unser Selbstwert zu „reparieren“. In diesem Fall klappt es insofern gut, dass wir daraus sehr zuverlässig Lust schöpfen können. Den ursprünglichen Schmerz heilt die lustvolle Fantasie allerdings nicht. 

Könnte man jetzt aus den erotischen Fantasien in die Psyche schauen?

In gewisser Weise ist es jetzt vielleicht verständlich, dass viele Menschen ihre zuverlässigen erotischen Fantasien nicht so ohne weiteres preisgeben. Denn neben den „inneren Filmen“, deren Inhalte sehr unerwartet sein können, gibt man auch ein gutes Stück seiner Geschichte und seiner inneren Dynamik preis. Natürlich gibt es dafür kein Buch, das die Sprache der erotischen Fantasie 1:1 übersetzen könnte. So funktioniert das nicht. Doch wenn man es darauf anlegt, kann man über die eigenen erotischen Fantasien tief in sich eintauchen und sehen, was einen noch auf einer unbewussten Ebene sehr beschäftigt. Manchmal kommen da sehr unerwartete Ergebnisse heraus. Manchmal weiß man schon ganz gut, was sich versteckt.

Die eigenen erotischen Fantasien zu erforschen, bringt mehr Entscheidungsfreiheit

Das kann helfen, um eingefahrene Verhaltensmuster zu verstehen und dann zu verändern. In Svenjas Fall war es so, dass es ihr half zu verstehen, wieso sie sich immer wieder sexuell auf fremde Männer einließ und in Beziehungen schnell das sexuelle Interesse verlor. Dazu musste sie mir ihre Fantasie nicht erzählen. Sie erforschte mit meiner Hilfe nur ihre Innenwelt. Sie zog ihre Schlüsse selbst und entdeckte, dass sie jetzt viel mehr Entscheidungsfreiheit hatte, als davor.

 

In diesem Sinne: Keine Angst vor und keine Scham für die eigenen erotischen Fantasien. Sie sind das Ergebnis einer genialen Leistung unseres Gehirns, unser Selbstwert für kurze Zeit aufzuwerten und dabei Lust zu empfinden!

 

Alles Liebe
Claudia

 

Literaturhinweis: Jack Morin - Erotische Intelligenz 

 

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